Bewegungseinschränkung im Kniegelenk

Eingeschränkte Streckung und Beugung im Kniegelenk

Wie kann ich die Beweglichkeit im Knie wiederherstellen und wann sollte eine Einschränkung behandelt werden?

Nach einer Verletzung oder Operation kann es sein, dass du dein Knie nicht richtig strecken oder beugen kannst. In den ersten Wochen sind Bewegungseinschränkungen nicht ungewöhnlich. In diesem Beitrag erklären wir dir Ursachen dafür und was du dagegen machen kannst.

Formen von Bewegungseinschränkungen

Wenn du gerade selbst von einer Verletzung betroffen bist, ist dir sicher schon aufgefallen, dass es dir in der ersten Zeit sehr schwerfällt, das betroffene Gelenk zu bewegen.

Es lassen sich funktionelle und strukturelle Bewegungseinschränkungen unterscheiden. Bei den funktionellen Einschränkungen entsteht meist eine muskuläre Spannung, die im Verletzungsgebiet unbewusst erzeugt wird, um das Gebiet zu schützen. Dieser Zustand kann durch Schmerzen und Angst verstärkt werden. Die funktionellen Einschränkungen lassen sich durch Bewegungsübungen und Physiotherapie meist gut behandeln. Eine strukturelle Einschränkung liegt vor, wenn sich eine Gewebestruktur beispielsweise nach einer Verletzung verändert. Hier entsteht dann Narbengewebe, welches häufig weniger beweglich ist und damit die üblichen Bewegungsausmaße begrenzen kann. Strukturelle Einschränkungen können eher schwieriger und zeitaufwendiger konservativ behandelt werden.

Die Rolle von Schmerz bei der Entstehung einer Bewegungseinschränkung

In der Entzündungsphase nach einer OP oder Verletzung ist der Schmerz ein sehr sinnvolles Instrument des Körpers, dich vor weiteren Komplikationen zu schützen. Achte darauf, dass du gerade in den ersten Wochen nur Übungen im schmerzfreien bis schmerzarmen Bereich machst, um die Wundheilung nicht zu stören. Hierbei helfen dir unsere Trainingspläne, die extra darauf abgestimmt sind, den betroffenen Bereich nicht zu überfordern. Auf keinen Fall solltest du versuchen eine größere Beweglichkeit mit Gewalt herbeizuführen, dies könnte deinen Zustand verschlechtern. Wundere dich nicht, wenn nicht jede Übung von Anfang an gut funktioniert. Geduld und regelmäßiges Wiederholen der Übungen sind der Schlüssel zur Verbesserung.

Das Streckdefizit

Streckdefizit bedeutet, dass du mit deinem Knie im Vergleich zur Gegenseite nicht mehr in die volle Streckung kommst. Nach einer Operation z.B. am Kreuzband oder Meniskus ist dieser Zustand nicht ungewöhnlich. Die Streckung braucht Zeit und muss trainiert werden.

Warum ist ein Streckdefizit problematisch?

Problematisch kann ein Streckdefizit werden, sobald du in die Vollbelastung gehst. Schon ein geringes Streckdefizit kann beim Gehen Auswirkungen auf das Gangbild haben. Schnell kommt es zu sogenannten Ausweichbewegungen, die wiederum Auswirkungen auf andere Bereiche des Körpers, wie die Wirbelsäule oder das Becken haben können. Aus diesem Grund empfehlen wir eine Vollbelastung ohne Stützen erst wenn die volle Streckung vorhanden ist.

Eingeschränkte Streckung im Kniegelenk

Das Beugedefizit

Bei einem Beugedefizit kommst du im Vergleich zu deinem anderen Bein nicht endgradig in die Beugung. Auch dies ist besonders in den ersten Wochen nach der Verletzung oder OP nicht ungewöhnlich. Zu Beginn ist die Beugung bezogen auf das Gehen weniger problematisch als die Streckung, weil sich das Gangbild durch sie weniger verändert. Erst beim Treppensteigen und Fahrradfahren wird die Beugung wichtig, da du hierfür mehr Beugungsfähigkeit im Knie brauchst.

Wann ist ein Beugedefizit problematisch?

Planst du die Rückkehr in den Sport sollte die volle Beugung deiner Kniegelenke im Seitenvergleich wieder annähernd vorhanden sein, um erneute Verletzungen vorzubeugen (ca. 10-15° Unterschied). Bist du dir diesbezüglich unsicher ist es sinnvoll die Beweglichkeit von Physiotherapeut:innen messen zu lassen.

Eingeschränkte Beugung im Kniegelenk

Die Arthrofibrose (Gelenksteife)

Bei der Wundheilung z.B. nach einem Kreuzbandriss kommt es zu Auf- und Abbauprozessen von sogenannten Fibroblasten (Bindegewebszellen). Diese sind für die Bildung von Narbengewebe zuständig. Geraten die Auf- und Abbauprozesse in ein Ungleichgewicht (z.B. durch Schmerzen, Stress oder zu viel/zu wenig Bewegung begünstigt) kann es zu einer überschießenden Narbenbildung kommen.

Bei sehr schweren Verletzungen ist die Gefahr einer Arthrofibrose erhöht, da es häufig zu einer erhöhten Ansammlung von Blut und damit von Fibroblasten (welche im Blut vorhanden sind) kommt. Deswegen ist besonders bei umfangreicheren Verletzungen oder Operationen Vorsicht in Hinblick auf die Belastung geboten. Die richtige Dosierung zu finden ist nicht einfach, denn auch zu wenig Belastung kann sich negativ auf die Beweglichkeit auswirken. Aus diesem Grund ist es sinnvoll mit den Therapeut:innen eng zusammen zu arbeiten.

Je früher die Arthrofibrose erkannt wird umso wahrscheinlicher ist ein erfolgreicher konservativer Heilungsverlauf. Ein Warnsignal ist, wenn die Beweglichkeit im Laufe der Therapie eher schlechter als besser wird. In diesem Fall solltest du mit einem Arzt/Ärztin Rücksprache halten.

Ist die Diagnose Arthrofibrose gestellt, ist eine engmaschige Betreuung durch geschultes Personal besonders wichtig, um eine Überlastung zu vermeiden. Außerdem sollte darauf geachtet werden, dass bei der Belastung keine Schmerzen entstehen. Zu Beginn ist eine leichte Automobilisation im schmerzfreien Bereich sinnvoll. Wichtig ist: Nicht jede Bewegungseinschränkung steht im Zusammenhang mit einer Arthrofibrose.

Wie kann ich Bewegungseinschränkungen nach einer Verletzung oder OP vorbeugen?

Um die Gefahr von Bewegungseinschränkungen zu reduzieren ist es sinnvoll schon vor der Operation mit Bewegungsübungen zu beginnen, außerdem sollte vorher Stress vermieden werden. Bist du zu deiner Operation gut ausgeruht und hast schon an deiner Beweglichkeit und Kraft gearbeitet, können Probleme nach der Operation oft vermieden werden. Ebenfalls ist es wichtig unmittelbar nach deiner OP/Verletzung schon mit leichten Bewegungsübungen zu beginnen. Schau dir dazu unsere OP-Vorbereitungstrainings und die Trainings nach der OP/Verletzung an. Auch die Angst, die in Zusammenhang mit Operationen oder Verletzungen entstehen kann, spielt eine wichtige Reihenfolge für die Beweglichkeit.

Weitere Themen:

Quellen:

Antje Hüter-Becker, M. D., Michael Fresenius,  Stephanie Fresenius,  Christian Münzing,  Florian Schneider,  Heide Suger-Wiedeck,  Bärbel Trinkle (2016). Physiotherapie in der Traumatologie/Chirurgie, Georg Thieme Verlag.

Fritz Uwe Niethard, J. P., Peter Biberthaler (2017). Duale Reihe Orthopädie und Unfallchirurgie, Georg Thieme Verlag.

Hüter-Becker (2016). Therapie von Bewegungseinschränkungen. Das Neue Denkmodell in der Physiotherapie, Georg Thieme Verlag KG: 353-373.

Stein, T., W. Schoch and D. Niederer (2020). „Multiligamentäre Kniegelenkverletzungen – Therapieempfehlungen für die Frührehabilitation.“ Sportphysio 08(03): 118-124.

Traut, P. and U. Rückert (2020). „Mythos Verklebung – Update Arthrofibrose.“ physiopraxis 18(01): 32-37.

van Duijn, A. (2015). „Meilensteine in der Rehabilitation von Patienten nach Ersatzplastik des vorderen Kreuzbandes.“ Sportphysio 03(02): 69-77.

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