Zwei Hände messen den Winkel eines gebeugten Kniegelenks

Bewegungseinschränkungen: Was die Beweglichkeit beeinflusst

Ursachen für unbewegliche Gelenke.

Nach einer Verletzung oder Operation wird ein Gelenk in der Regel ruhiggestellt. Es darf also, entgegen seiner Natur, nicht bewegt werden. Was hat das zur Folge? Auch nach Abnahme von Schiene oder Gips kämpfen viele Patienten mit Bewegungseinschränkungen und haben plötzlich weniger Beweglichkeit im Gelenk. Wie kann das sein? 

Grundsätzlich gibt es drei Systeme, die die Beweglichkeit einschränken können. Zum einen das Gelenk selbst, mit seiner Kapsel, seinem Knorpel und seinen Bändern. Zum anderen die Muskulatur, die verspannt oder verkürzt sein kann. Und, was häufig vergessen wird, das Nervengewebe. 

Die Beweglichkeit der Kapsel: Können Gelenkkapseln schrumpfen?

Die Gelenkkapsel ist eine zweischichtige Hülle aus Bindegewebe, die ein Gelenk umschließt. Darin befindet sich die Gelenkflüssigkeit, die den Gelenkknorpel ernährt und gemeinsam mit ihm als Stoßdämpfer die Knochen schützt. Umgeben wird die Kapsel von Bändern, die das Gelenk stützen und führen.

Die äußere Kapsel ist aus straffem Gewebe mit vielen stabilen Kollagenfasern aufgebaut. Durch Ruhigstellung verändert sich dieses Kollagen. Neue Kollagenfasern wachsen nicht mehr geführt in eine Richtung, sondern ordnen sich zufällig an. Es kommt zu Verwachsungen und die Fasern heften sich aneinander, wodurch sie nicht mehr gegeneinander beweglich sind. Zusätzlich verliert die Kapsel Wasser. Man kann also sagen, dass die Kapsel schrumpft. Zeitgleich schrumpfen auch die Bänder. Dadurch wird nicht nur die Beweglichkeit gehemmt. Auf Dauer reduziert sich hierdurch die Gelenkflüssigkeit und der Gelenkknorpel wird beschädigt. Bereits nach sechs Wochen Immobilisation können diese Schäden unumkehrbar werden. Es ist also enorm wichtig, sein Gelenk nach einer Verletzung so gut es geht zu mobilisieren. Schon kleine Bewegungen verlangsamen den Prozess.

Wie kann man die Beweglichkeit der Kapsel verbessern?

Gegen Bewegungseinschränkungen hilft Bewegung. Die Gelenke müssen immer wieder mobilisiert werden, sodass sie nicht anfangen sich umzubauen. Auch nach einer Verletzung sollte so früh wie möglich mit mobilisierenden Übungen begonnen werden. Wir haben dafür zahlreiche Übungen und Trainings in der Orthopy App für dich vorbereitet. Auch in der Therapie wendet der Therapeut bestimmte Techniken an, um die Kapsel zu weiten.

Die Dehnfähigkeit der Muskulatur: Wie verkürzen Muskeln?

Oder eher die Dehnfähigkeit des Bindegewebes. Der Muskel selbst ist von Bindegewebe umhüllt, welches dann in Form einer Sehne am Knochen haftet. Zum einen schützt das Bindegewebe die Muskelzellen, zum anderen bewirkt es die Kraftübertragung des Muskels auf den Knochen, der bewegt wird. Auch dieses Bindegewebe ist von Kollagen durchzogen und ähnlich wie bei der Gelenkkapsel verändert sich bei Immobilisation auch hier das Kollagen.

Wenn wir uns nicht bewegen, baut der Körper ab. Im Bindegewebe gehen Substanzen zurück, wodurch sich die Kollagenfasern annähern und verkleben. Der Muskel kann sich nicht mehr entfalten und verkürzt. 

Eine weitere Form der Verkürzung findet im Muskel selbst statt. Die Strukturen, die einen Muskel zusammenziehen lassen, sind dauerhaft zusammengezogen und weiten sich nicht mehr. Unsere Bewegung funktioniert über dieses Zusammenziehen, durch eine gewollte Verkürzung der Muskulatur bewegen sich unsere Knochen. Dieses Anspannen ist hier nicht gewollt, weshalb man auch von ‚Verspannung‘ spricht. Gründe dafür gibt es viele. Meist spannt ein Muskel reflektorisch an, um etwas zu schützen oder zu kompensieren. Wie eine Verletzung.

Wie man kann die Dehnfähigkeit der Muskeln verbessern?

Ist der Muskel aufgrund seines Bindegewebes verkürzt, helfen Dehnungen. Die Belastung des Gewebes hilft, die Verklebungen des Kollagens zu lösen. Bei Verspannung des Muskels selbst helfen sanfte mobilisierende Bewegungen, Wärme und Massagen.

Neurodynamik - Können Nerven verkürzen?

Egal ob Athlet oder Rentner –  bei allen Menschen muss das Nervengewebe anpassungsfähig sein. Nerven durchziehen unseren gesamten Körper, einige von ihnen werden dabei einen Meter lang. Wäre das Nervengewebe starr, hätten wir bei vielen Bewegungen starke Schmerzen. Daher bewegt es sich mit uns, die Nerven dehnen sich und gleiten durch unseren Körper. Diese Anpassungsfähigkeit nennt man Neurodynamik. 

Die Beweglichkeit der Nerven kann eingeschränkt sein, durch Druck auf den Nerv und/oder Verklebungen mit dem umliegenden Gewebe. Bei zu viel Spannung reagiert der Nerv schließlich mit Schmerz. Es gibt Techniken, die Nerven zu mobilisieren und die Spannung zu vermindern. Wir halten diese schon bald für dich zum Ausprobieren in der Orthopy App bereit. 

Quellen:

Schomacher, J. (2017). Manuelle Therapie. Georg Thieme Verlag.
Berg, F. v. d. (2016). Angewandte Physiologie 1: Das Bindegewebe des Bewegungsapparates verstehen und beeinflussen. Georg Thieme Verlag.
Shacklock, M. (2006). From Neural Tension to Clinical Neurodynamics – A New System for Application of Neural Testing and Treatment Techniques. In Manuelle Therapie. Georg Thieme Verlag. 

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